Philosophische Praktikerin
Dorothea Sophie Höck
 
Die philosophische Praxis
Eine Form der Lebensberatung
 
Die Philosophische Praxis ist eine Form der Lebensberatung. Der Philosoph Gerd B. Achenbach brachte 1981 mit ihrer Gründung in Erinnerung, dass Philosophie nicht nur in Akademien und Lehrhäusern zu Hause ist. Menschen beginnen zu philosophieren, wenn sie sich zum Problem werden, wenn ihnen ihr Leben zur Frage wird, wenn sie die Welt verstehen wollen. Daraus entstand die praktische Philosophie. Den einen schenkt sie Trost, den anderen gibt sie Orientierung in den unterschiedlichsten Lebenslagen. In der Philosophischen Praxis erhält die Philosophie ausdrücklich Mitspracherecht in allen menschlichen Angelegenheiten. Dabei belehrt sie nicht. Denn nicht der Gast soll sich für die Philosophie interessieren, sondern die Philosophie interessiert sich – in Person des Philosophischen Praktikers – für den Gast und das, was ihn in die Philosophische Praxis geführt hat.

Der Gast spricht, die Philosophie antwortet

In der Philosophischen Beratung begegnen sich Gast und Philosoph in einem freien und offenen Gespräch. Den Anfang setzt immer der Gast mit seinem Anliegen, seiner Frage, seinem Thema. Aufgabe des Philosophen ist, dem Gast sein Ohr zu leihen und ihm damit zu helfen, sich selbst besser zu verstehen: er ist ganz für den Gast da und der Gast hört sich selbst zu, indem er in das Ohr des Beratenden und in sein eigenes Ohr hinein erzählt. „Die Seele des Gesprächs ist das Zuhören.“
(Gerd B. Achenbach)

Jedes Gespräch ist so einmalig und besonders, wie diejenigen, die es führen. Deshalb kennt die Philosophische Praxis zwar eine „Ordnung“ (Beispiel: Der Gast beginnt), aber keine Methode. Methoden schaffen in der Regel einen festen und damit einschränkenden Rahmen, und sie orientieren sich an einem Ziel. Das Beratungsgespräch verfolgt kein vorher festgelegtes Ziel. Es entwickelt seine eigene Regel aus der jeweils besonderen Situation heraus. Es steht nicht unter Zeit- und Handlungsdruck. Nach-Denken braucht seine eigene Zeit. „Slow is beautiful.“ (Odo Marquard)

Der Philosoph antwortet auf das, was er verstanden hat. Der Gast entscheidet, ob er sich verstanden sieht. So bewegen sich beide gemeinsam auf ein unbekanntes Ziel hin.

 

Philosophien haben zu allem etwas zu sagen

Es gab nie „die“ Philosophie, sondern immer eine Vielzahl von Philosophien. Aus dieser „bunten Vielfalt“ (Marquard) schöpfe ich als beratende Philosophin im Gespräch mit dem Gast in meiner Praxis. Es gibt keinen noch so abseitig erscheinenden Gegenstand, zu dem nicht Philosophen unterschiedliche Gedanken geäußert und aufgeschrieben haben. Das sind zum Beispiel:

 

Perspektivenwechsel: „Ich sehe mein Leben jetzt anders.“

Der Philosophische Praktiker bietet dem Gast andere Sichtweisen auf sich und sein Anliegen an. Ein anderes Licht auf eine Situation, eine Erfahrung, einen zurück liegenden Lebensabschnitt kann die Färbung verändern, in der es uns bisher zu liegen schien. Denk- und Sehgewohnheiten können verwandelt, neue Haltungen erworben werden. Scheinbar Selbstverständliches steht in einem anderen Licht, bisher Übersehenes zeigt sich: zum Beispiel  eine Tür, die bisher für uns unsichtbar im Schatten lag. „So habe ich das noch nie gesehen.“
 

Entscheidungen treffen, Gewohntes überprüfen, Neues beginnen

Viele finden sich irgendwann in ihrem Leben in einer Grenz-Situation wieder, in der sie nicht mehr weiter wissen.  Eine Entscheidung steht an, die Krise (das griechische Wort für "Entscheidung") möchte gemeistert werden. Zu den widerstreitenden Gefühlen gehört auch die Angst vor dem Ungewissen. In der Philosophischen Praxis begeben sich Gast und Beratender auf einen gemeinsamen Weg: Was gilt es, aus dem bisherigen Leben zu bewahren, wo muss eine Richtung geändert, wo kann oder muss Neues gewagt werden?
 

Beispiel: Scheitern

Erfahrungen des Scheiterns gehören zu den großen Bewährungsproben des Lebens. Manchmal gehen wir gestärkt daraus hervor, manchmal drohen wir darin zu zerbrechen. Hoffnungen und Wünsche werden auf den Prüfstand gestellt, bisweilen auch die Selbstachtung. Es steht nicht in unserer Macht, Scheitern zu vermeiden. Die Philosophie verweist auf Haltungen, die helfen, im Scheitern zu bestehen.
 

Den eigenen Weg finden. Mut zu sich selbst

Ein Leben führen oder sich führen lassen: Wir sind so unterschiedlich unterwegs wie auf einer Wanderschaft. Die einen flanieren, die anderen marschieren geradewegs auf ein selbst gewähltes oder von anderen gesetztes Ziel zu; dieser bricht erst einmal auf und schaut unterwegs, was sich ergibt; jener macht Pausen und wartet auf Aufforderungen zum Weitergehen. Wir sind Reisende oder Touristen. Wir sammeln Erfahrungen mit richtigen und falschen Wegen, mit Sackgassen und Umwegen. Kein Rezept noch Ratschlag kann für alle gelten. Im Beratungsgespräch können Sie mehr Klarheit darüber erlangen, was der eigene Weg sein und wie er begangen werden kann.
 

Widersprüche und Gegensätze

Menschen leben in Widersprüchen und sind widersprüchlich. Zu jedem Leben gehört „Richtiges“ und „Falsches“. Als Philosophische Praktikerin nehme ich Fragen ernst, versuche zu entwirren, was sich verheddert hat, aber verzichte auf letzte Antworten.
 
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